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Ein Foto, das verändern kann.

Es ist das Foto des dreijährigen ertrunkenen Jungen am Strand von Bodrum. Ich zeige es hier nicht. Ich habe es vor dem inneren Auge und ich bin mir sicher, so geht es vielen. Selten habe ich meine Timeline bei Twitter und Facebook so gespalten und dabei so dezidiert in ihrem Urteil erlebt wie gestern, als das Foto verbreitet wurde. Ja, ich kann beide Seiten verstehen: Diejenigen, die Bilder wie dieses nicht sehen wollen. Weil sie sie nicht ertragen − aus unterschiedlichen Beweggründen. Und ich verstehe auch jene, die davon überzeugt sind, dass ausschließlich Fotos wie das von Aylan Kurdi in der Lage sind, aufzurütteln, um den wahren Irrsinn der Lage begreifen zu können. Dieser Auffassung bin ich auch. Seit Monaten beobachten wir in mehr oder minder großer Seelenruhe aus den TV- oder Websesseln heraus, dass Menschen − vor allem aus Syrien − fliehen. Und wie sie das tun. Wir sind medial zu Gast in ihren Lagern, in ihren Essensausgabeschlangen, auf den Booten ihrer Schlepper und bei ihrer Ankunft auf den Mittelmeerinseln. Wir lesen und wir sehen. Aber …

Die Lagune. Einfach mal ausatmen.

Früher fiel es mir nicht so auf. Vielleicht war das Bild einer Lagune, insbesondere derer rund um Venedig, einfach zu geläufig für mich. Nichts besonderes. Ja, wirklich nichts besonderes − langweilig, eintönig sogar. Diesmal war es anders. Stille. Schönheit. Geborgenheit. Ruhe. Dankbarkeit. Und sogar Demut spüre ich. Unser Tourguide von Atlantide ist Biologe und führt uns durch die Pialassa Baiona, eine gut 11 ha große Brackwasserlagune nahe des oberitalienischen Städtchens Ravenna. Brackwasser − das klingt immer so nach schmutzig, dreckig, irgendwie bäh. Falsch: Brackwasser nennt man schlicht und ergreifend die Zonen, in denen Salz- und Süßwasser sich vermengen. Für viele Fische und Vogelarten ein Paradies, für manche Pflanzen ein harter Kampf ums Überleben, da die Salzkonzentration sich gemäß der Gezeiten entsprechend verschiebt. Unser Boot gleitet zunächst an kleinen Fischhütten vorbei, die meist auf Stelzen gebaut sind. Vor ihnen werden große, quadratische Fangnetze ins Wasser gelassen, in deren Mitte ein Loch ist, durch das der Fang in einen Behälter aufgenommen werden kann. Die Lizenzen für die Hütten und Netze sind teuer, daher teilen sich meist mehrere Familien deren Benutzung an den unterschiedlichen Wochentagen. …

Brötchen? Semmeln?

Wie auch immer man nun welche Kleinbackwaren wo auch immer bezeichnet, ist schlicht und ergreifend regionenspezifisch. Nichts spricht dagegen, nichts wirklich dafür – es ist nun einfach so. Und doch geben Semmeln und Brötchen immer wieder Anlass, sich gewaltig zu mokieren. Ich bin nahe München geboren, mit Semmeln (und vor allem Brezn) aufgewachsen und hatte in meiner Kindheit und Jugend ein weiteres Standbein in Norditalien. Vielleicht lag’s ja an der frühcasowischen Erfahrung mit Panini und Rosette, dass ich nie etwas dabei fand, mich sprachlich (und kulinarisch) meiner regionalen Umgebung anzupassen. Als ich jedenfalls in Innsbruck studierte, kaufte ich ganz nach Gusto und Budget Hand- oder Maschinensemmeln und belegte sie mit zwei dag (gesprochen: deka) Extrawurst. Denn so nennen die Tiroler 20g Fleischwurst. Mir brach kein Zacken aus der Krone, mich  ihrer Diktion anzupassen. Warum auch – ich fand ja dort mein neues Zuhause. Also gab’s auch Paradeiser statt Tomaten, Karfiol statt Blumenkohl, Vogerl- statt Feldsalat, Schlagobers statt Schlagrahm alias Süßer Sahne und im Frühherbst Marillenknödel, die anderswo Aprikosenklöße oder -knödel genannt werden würden. Das tat gar nicht …