Ein Regentag. Und vor allem: Ein Geburtstag.
Ein Ausflug aufs Brauneck hätte es werden sollen — dort hätten uns aber nur das unfreundliche Grau der Nebelsuppe und einstellige Temperaturen erwartet. Nichts, was uns Mitte Juni frohlocken lassen würde. Also flugs den Plan geändert in „endlich das neue Ägyptische Museum in Münchens Gabelsberger Straße besuchen“. Das so neu schließlich auch nicht mehr ist — hatte es doch bereits 2013 seine tiefliegende Pforte in die Katakomben der Plastiken, Sarkophage, Stelen und Mumien geöffnet.
Als Jugendliche zog mich Ägypten so sehr in seinen Bann, dass ich sicherlich einmal jährlich den sehr beengt in einem Seitenflügel der Münchner Residenz untergebrachten Vorgänger besuchte — für Schüler damals wie heute ein kostenfreies Vergnügen. Und bei der ersten Selbstständigkeit zu Beginn der 1990er Jahre zierte der Falke Horus den Firmennamen und somit auch das Logo unserer Agentur für Neue Kommunikation.
Nun also hinein in die neue Alte Welt. Was sofort angenehm auffällt: Das schlichte und hohe Gebäude lässt mich eintauchen in die Ruhe der Mystik Ägypten und bietet den Exponaten aus fünf Jahrtausenden viel Raum und somit letztlich Würde. Ein Messingband im Boden leitet die Schritte von Saal zu Saal, eine Chronologie der Epochen beleuchtet 12 Jahrtausende Kunst und Kultur anschaulich und übersichtlich.
Ja, natürlich gibt es bekanntere und „größere“ ägyptische Sammlungen — ich denke dabei an die umwerfend eindrucksvolle Büste der Nofretete in Berlin oder an den Tempel von Dendur im Metropolitan Museum in New York City. Die Münchner Exponate überwältigen jedoch auch in ihrer Ästhetik und Schönheit. Es gibt Grabplatten oder gar Tore zu Gräbern — erzählen sie meist vom Leben des Verstorbenen und dessen Transitus ins Reich der Toten, so enthielten manche auch für mögliche Grabräuber Warnungen vor bitterbösen Konsequenzen.
Neben den Tief-Reliefen (mit der in den Stein gemeißelten Darstellung) gibt es natürlich auch die Hoch-Variante. Manchmal werden beide Techniken nebeneinander verwendet.
Faszinierend und fast ein wenig unheimlich: Bei manchen Büsten, Statuen oder Mumienbildern habe ich immer wieder das Gefühl, in fast schon vertraut wirkende Gesichter von heute zu blicken.
Der gigantische güldene Sargmaske der Satdjehuti überstrahlt einen ganzen Raum. Ihre Innenseite ist mit Papyrusschriften ausgeschlagen und sofort wünscht sich mein innerer Teenager wieder, die Zeichen lesen zu können.
An den Lippen ist diese Dame eindeutig als Tochter Echnatons zu erkennen. Das Fragment einer Büste des Herrn Papa steht erhaben ihr gegenüber.
Auch der Cat-Content kommt nicht zu kurz — diesmal im wahrsten Sinne des Wortes mit einer laaangen mumifizierten Katze.
Sarkophage gibt es in unterschiedlichen Größen sowie aus verschiedenen Epochen — mystisch schön sind sie immer. Und ein bisschen geniere ich mich noch immer, die Totenruhe zu stören.
Die Geschmeide der Zeit hatten schon auch ihre ganz besondere Eleganz …
Grabbeigaben waren neben kleinen Darstellungen unterschiedlicher Gottheiten, Skarabäen und Sphinxen auch tönerne Gefäße, in denen Organe aufbewahrt wurden.
Richtig klasse finde ich den Lehrbereich, in dem Kinder und Jugendliche ihrer Wissbegierde freien Lauf lassen und die Gesteinsarten sowie einige originalgetreue Nachbildungen anfassen und somit begreifen können. Das Highlight dabei: Eine mehrstufige Darstellung vom puren, unbehauenen Stein bis hin zur fertigen Sitz-Plastik. Ein echter Kindertraum, nicht wahr?
Für mich war es diesmal passend, die Größe und Ruhe zu genießen, die dem Museum innewohnt. Beim nächsten Besuch werde ich sicherlich einen Audioguide nehmen, der wohl richtig gut gemacht sein soll.