Wer auf den kanarischen Inseln urlaubt, kommt spätestens bei der Rückreise mit den ubiquitären Aloe vera-Pflanzen in Berührung − zumindest in Lanzarote werden sie mittlerweile am Flughafen in Mini-Töpfen oder Transportkartons als Souvenir verkauft.
Ich bin bislang nicht wirklich auf den Gedanken gekommen, ein Exemplar mit nach Hause zu nehmen, lernte aber bei einer Führung über die Bio-Finca, auf der ich wohnte, neben außergewöhnlichen Bewässerungsmethoden und wiederentdeckten medizinischen Heilpflanzen auch, wie man das Aloe-Elixier gewinnen kann. Es wird aufgrund seiner hohen Nährstoffdichte sehr geschätzt − aus dem Fruchtfleisch werden Gels, Salben, Cremes, Säfte, Shampoos und vieles mehr in unterschiedlichen Konzentrationsgraden gefertigt.
Abgesehen davon, dass es sich von selbst verbietet, an fremder Leute Aloe-Pflanzen ohne Rückfrage Hand anzulegen, gibt es folgende Punkte zu beachten:
1. Die Pflanze sollte vor der Ernte gut zwei Monate nicht mehr bewässert werden. Somit kann sich der wertvolle Saft in den Blättern konzentrieren und wird nicht verwässert.
2. Es dürfen maximal drei Blätter pro Pflanze geerntet werden dann tritt sie wieder in eine mehrmonatige Ruhephase ein.
3. Während der Blütezeit sollte nicht geerntet werden.
4. Verwendet immer die untersten Blätter − sie enthalten am meisten Saft.
5. Schneidet das Blatt stammnahe mit einem glatten Messer ab.
6. An der Schnittstelle tritt umgehend eine schleimige Flüssigkeit aus. Sie ist bitter, ungenießbar und verfärbt sich bei Luftkontakt rasch rotbräunlich. Lasst sie ungefähr zwölf Stunden abtropfen − am besten über Nacht in ein Gefäß oder direkt ins Wasch- oder Spülbecken. Dann wascht das Schnittende gut ab.
7. Vor der weiteren Verarbeitung trennt Ihr nochmals ein etwa einen Zentimeter breites Stück ab. Anschließend habt Ihr das klare, gallertartige Fruchtfleisch vor Euch.
8. Trennt nun mit dem Messer die (leicht stacheligen) Seiten vorsichtig ab.
9. Im nächsten Schritt wird die Pflanze filetiert. Fahrt dazu mit dem Messer in Längsrichtung zunächst durch die Mitte des Blattes.
10. Nun lasst Ihr das Messer entlang des Blattgrüns durch das Fruchtfleisch gleiten und erhaltet so ein „Filet“.
11. Schneidet nun das recht glitschig-schleimige Filet in Steifen oder kleine Würfel.
12. Legt die Streifen wahlweise direkt auf die Haut oder fangt das Fruchtfleisch für die weitere Verarbeitung in einer kleinen Schlüssel auf.
Mir hat das Fruchtfleisch vor Ort große Linderung und recht rasche Heilung an einer frischen, vier Zentimeter langen Brandwunde an der Innenseite des Unterarms verschafft (ich musste mich erst schmerzhaft wieder an den Umgang mit einem Gasherd gewöhnen). Und natürlich wollte ich die Wirkung auch auf der Gesichtshaut ausprobieren: Die leichte Kühlung tat meiner sonnengeröteten Wintersommersprossenhaut überaus gut und tatsächlich hatte ich auch den Eindruck, ein oder zwei Fältchen nahezu in den Urzustand glatter Haut zurück gewandelt zu haben. Man kann das Fruchtfleisch auch im Standmixer pürieren, in Joghurt oder einen Saft verrühren und essen bzw. trinken − geschmacklich ist es überaus neutral. Und vermutlich bietet „dieses Internet“ zahlreiche weitere Tipps rund um die Wohltaten von Aloe vera…
Da ich am Tag nach dem Finca-Rundgang wieder zurück reiste, habe das von mir geerntete Blatt nach dem ersten Abtropfen in seiner ganzen Pracht in eine Plastiktüte gewickelt und es im Koffer nach Hause transportiert (achtet hierbei auf die sicherlich mangelnde Kompatibilität der scharfen Stacheln des Blattes mit feinen Stoffgeweben − am besten eine zweite Tüte zum Schutz verwenden). Es hat nun im Gemüsefach des Kühlschranks vorübergehend seine zweite Heimat gefunden. Ab und an schneide ich einen etwa ein bis zwei Zentimeter großen Streifen ab, trenne die Ränder ab, filetiere das Fruchtfleisch und pflege besonders beanspruchte Hautareale damit. Gerade jetzt in der trockenen Heizungsluft genießt meine Haut die Feuchtigkeit sehr. Purer kann sie gar nicht sein.