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Neuer Sommer, neue Erfahrung.

Es wird zum Ritual, mein sommerliches Heilfasten.
Und auch wenn die Überlegungen immer wieder in Richtung „Fasten am Meer“ gehen, so lande ich letztlich doch immer wieder im Salzburgischen in meinem kleinen, liebenswürdigen Biohotel. So war’s auch dieses Jahr geplant.

Pläne werden manchmal durchkreuzt – diesmal joblich bedingt. Ein Wichtigprojekt verschob sich um einen Monat, das nächste folgt stante pede. Und obendrein gibt’s nun noch ein paar Zusatzaufgaben.
Also wird aus dem Augusturlaub wohl eher eine fröhliche Adventszeit.

Solange kann aber das Entgiften und Entschlacken nicht mehr warten. Gefühlt.
Und so stand ich heute tapfer um 5 Uhr auf, um 3 TL Glaubersalz vermengt mit dem Saft dreier Zitronen leicht komatös zu mir zu nehmen und einen Liter Wasser folgen zu lassen.

Ja, auch diesmal  verheißt der Start,  der härteste Teil zu sein. Wer trinkt schon freiwillig gerne um 5 Uhr früh einen Liter Wasser.

Das Fasten-Erlebnis per se wird anders sein. Diesmal knetet niemand meinen Bauch, streicht die Lymphe aus den Beinen, packt mich in Meersalz-getränkte Tücher oder senkt mich Ziegenbuttergefatscht in die Wärme der Schwebeliege.
Kein Leberwickel, kein Heusack, keine Detox-Fußbäder.

Kein Gebirgsbachgerausche im holzbalkonerfrischten Zimmer.
Und auch weder Maria mit los Kuglos noch ein tönerer Buddha im Garten.

 

Dafür jede Menge neuer Eindrücke.
Irgendeine Belohnung gibt’s doch immer…

 

 

Wurzeln findet, wer Fragen stellt.

Ich wuchs mit dem Wissen auf, dass der Urgroßvater Architekt gewesen war. Er hatte seinem Enkel, meinem Vater, die Liebe für das architektonische Zeichnen vermitteln können und ihn das Skizzieren und Aquarellieren von Gebäuden oder ganzen Straßenzügen gelehrt. Diese Fähigkeit, den richtigen Blick zu haben und zu Papier bringen zu können, bewunderte ich. Goldener Schnitt, Fluchtpunkte, perspektivisches Zeichnen – auch ich fand Gefallen daran. Leider nur zu Schulzeiten, aber immerhin hatte der Kunstunterricht an meinem Gymnasium ja einen großen Stellenwert. Danach verlor sich die Spur meiner urgroßväterlichen Parallele in der Endlichkeit meines Begabungsalls.

Mein Vater hatte irgendwann auch voller Stolz erzählt, dass der so heiß geliebte Großvater mit dem wohlklingenden Namen Emil Edler von Mecenseffy eine Professur an der Fakultät für Architektur an der Technischen Universität München, damals noch „Königlich Technische Hochschule“, inne hatte.

Nur: warum eigentlich habe ich all die langen Jahre nie einen Gedanken darauf verwendet, ob es noch Bauten von ihm geben könnte? Nie diese ganz simple Frage gestellt? Gut, natürlich hätte auch der Vater davon erzählen können und sie uns Kindern einfach zeigen können. Aber irgendwie lagen wohl einerseits zu viel Schmerz auf dem Verlust des Großvaters im Jahre 1945  und andererseits waren wir Kinder ja nur mütterlicherseits mit lebendigen Großeltern bedacht worden. Und somit auch geprägt von deren Erzählungen, die natürlich um einiges greifbarer waren als die zur bereits gegangenen väterlichen Ahnenreihe.

Über die eigenen Wurzeln macht man sich erst etwas später bewusste Gedanken – zumindest war es bei mir so.  Aber seit geraumer Zeit sind sie mir wichtig. Und so war es nun nach freudiger Bestaunung diverser Skizzen, Fotografien und eines Teils der Baupläne jetzt – zu meinem Geburtstag – an der Zeit, nach Nürnberg zu reisen und gemeinsam mit dem fast 84jährigen Vater die beiden noch existierenden Bauwerke zu besuchen.

Zunächst zur Dreieinigkeitskirche. Pfarrerin Wedel und Mesnerin Cibulka öffneten sie uns trotz anders vermuteter Öffnungszeiten freundlichst und zeigten uns ein paar Besonderheiten wie das Aquarell der zerbombten Kirche in der Sakristei. Und: sie gaben uns mit großer Selbstverständlichkeit die nötige Zeit und den Raum, um uns vertraut zu machen mit der Kirche, Ruhe zu finden, anzukommen in der Vergangenheit. Danke an beide – das war ein großes Geschenk für uns alle!

Im Krieg war viel zerstört worden, nur der Glockenturm blieb erhalten. Aber die Gemeinde hat die Kirche liebevoll und mit großem Charme wieder aufbauen lassen und so ist’s heute ein lichter, im Grünen geborgener Ort, der spüren lässt, dass dort erlebbar ist, was gepredigt wird. Das hätte Urgroßvater Emil sicherlich gut gefallen.

Anschließend besuchten wir ein Wohnhaus, das er ebenfalls erbaute und in dem 1898 meine Großmutter, deren Namen auch ich trage, geboren wurde. Sie lebte für uns Enkel nur in Erzählungen unseres Vaters und durch wenige Schwarz-Weiß-Fotos. Vor Jahren sah ich einmal Filmaufnahmen von ihr und ihren beiden Söhnen – kurze Bewegtmomente einer Großmutter ohne Stimme, ohne Geruch, ohne gemeinsame Erlebnisse. Zweiter Stock. Dort also wuchs sie die ersten Jahre auf. Mit hübschen Details wie den Briefkästen und Dekorelementen im Eingangsbereich.
Alle Häuser drum herum – auch das identische Nachbarhaus – fielen später den Bomben zum Opfer.

Leider hatten wir vergessen, eine Kerze und Streichhölzer mitzunehmen und so blieb Urgroßvaters Kirche unbekerzt. Aber Nürnberg ist kirchenreich und so wurde später in der Frauenkirche nachbekerzt. Für Emil. Für einige andere Familienmitglieder. Und – weil es eben Geburtstag war – vor allem auch für Dich. Du warst dabei wie Du immer wieder dabei bist.

Einiges habe ich erfahren, an diesem Tag. Gute Fragen richteten sich da an meinen Vater – auch von Seiten seiner Enkelin, die spontan ihrem Großvater erzählte, auch sie werde eines Tages…
Es enkelt sich eben durch die Generationen weiter.

Und irgendwie ist das gerade am Geburtstag ein gutes und schönes Gefühl.

Berlin. Berlin. Berlinberlinberlin.

Plötzlich breitet sich diese merkwürdig faszinierende Stadt so aus in meinem Jahr wie nie zuvor.
Meetings, Kongresse, Social Media Bitte-nicht-so-nennen-Konferenzen.
Und vor allem eben das nun seit Wochen besiegelte und beseeligende „JA“ zum Entscheidungsumtriebsthema des vergangenen Jahres.

JA. Weil es damals schon ein „Ja“ war, aber der Zeitpunkt einfach nicht stimmte.
JA. Weil der Mut, noch mal nen Schritt in was Neues zu wagen, sich noch formen musste.
JA. Weil es mir heute pfiffkasegal ist, was wer mit welchem Unterton und auch warum drüber denkt.
JA. Weil ich mit Haut und Haar spüren kann, wie richtig und wichtig es für mich ist, diesen Weg zu entscheiden und zu nehmen.
JA. Weil Berlin und das artop-Institut einfach die richtige Entscheidung waren.
JA. Weil die Zäsur, die Entfernung und die Freiheit der Entscheidung so gut tun.
JA. Weil Institut, Dozenten und die Gruppenkolleg_innen so richtig sind.
JA. Weil es dazu genau einer Stadt wie Berlin bedarf – die verrückt, die becirct, die verunsichert, die Abstand gewährt, die Nähe ermöglicht und die irgendwie immer noch eine Insel darstellt.

Zumindest für mich.
Und darauf kommt es an.

Berlin – lass mich an und in Dir weiter wachsen.
This is my personal kind of freedom.
My personal kind of Mauerfall.

Denn: „Berlin Berlin – Dein Herz kennt keine Mauern“.