Ravenna, ehemals Hafenstadt, liegt aufgrund der Verlandung heute im Hinterland der Adria. Die Stadt hat viel erlebt: Sie war Sitz der weströmischen Kaiser, der oströmischen später ebenfalls, dann folgten die Langobarden und Ostgoten. Die großen Namen dieser Stadt lesen sich ein wenig wie das Who is Who der Geschichtsbücher: Cäsar, Augustus, der Ostgote Theoderich der Große, Justinian und Teodora und auch die Venezianer. Sie alle hinterließen Monumente ihrer sakralen Baukunst und ihres Alltaglebens. Viele davon sind noch heute in ihrer einzigartigen Schönheit erhalten und so sprach die UNESCO insgesamt acht Bauwerken in und um Ravenna den Status des Weltkulturerbes zu. Sie alle stammen aus dem 5. oder 6. Jahrhundert n. Chr. Allen voran sei die Mitte des 6. Jahrhundert entstandene Basilika San Vitale genannt, eine achteckige Kirche, die von außen deutlich kleiner wirkt als nach dem Betreten des Innenraums.Die Ziegel sind schmaler und länger als bei anderen Kirchen der Zeit − Geldgeber und Architekt wollten hier offensichtlich ihre eigene „Duftmarke“ hinterlassen.
Als Teenager war ich schon einmal in Ravenna und natürlich stürmten die Kunst- und Kulturbegeisterten Eltern damals gerne mit uns Kindern die Kirchen und Museen Italiens. Zu manchen Orten ist die Erinnerung schon ein wenig verblasst, tatsächlich gibt es aber für Ravenna einige Motive, an die ich mich auch Jahrzehnte später noch sehr gut erinnern kann. Dazu zählen die Vogelmotive aus den steinernen Bodenmosaiken und allen natürlich die Glasmosaiken der Apsis der Basilika, die Kriegswirren und Erdbeben geduldig überstanden.
Mehr Bodenmosaik-Bilder gibt es bei So läuft die Welt − und so sehen die Mosaiksteine heute wie damals aus:Ravenna und vor allem San Vitale kann noch etwas ganz Spezielles: das Doppel-Kapitell. Angeblich nur hier zu finden − vielleicht kann ein Kunsthistoriker oder Architekt das ja verifizieren. Hübsch ist es allemal.
Unmittelbar neben San Vitale befindet sich das Mausoleum der Galla Placidia (390-450 n. Chr.), die jedoch in Rom beigesetzt wurde. Schade eigentlich − hier läge es sich doch wirklich nicht schlecht.
Mitten in der Stadt liegt auch Sant’Apollinare Nuovo, von Theoderich für die Anhänger des Arianismus erbaut. Die Mosaiken zeigen Szenen aus dem Leben Jesus, enthielten aber auch Abbildungen von Theoderich und seinen Mannen, die die Oströmer allerdings nach der Eroberung Ravennas in schlichte schwarze Vorhänge umwandeln ließen.
Als man vor 20 Jahren eine zentrumsnahe Parkgarage bauen wollte, fand sich gut drei Meter unter der Erde ein weiteres Meisterwerk der Mosaikkunst: 700 qm „Steinteppiche“ aus dem 6. Jahrhundert. Gut, dass Baggerfahrer doch recht aufmerksame Menschen sind! Die Baumeister seinerzeit waren übrigens nicht so zimperlich und hatten als Grundierung für die Bodenmosaiken des Hauses der Steinteppiche einfach mal ein paar herumstehende antike Amphoren verwendet − Recycling auf die römisch-byzantinische Art.
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Ich wurde von DiRavenna zu der Reise nach Ravenna eingeladen und bedanke mich herzlich dafür.