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Die schönen und die neuen Künste von Nancy

[Unbezahlte Werbung ⎥ Pressereise] Nancy verfügt über viele Museen, einige davon wie die Villa des Möbeldesigners Louis Majorelle oder das Musée Lorrain d’Art et d’Histoire im Herzogpalast werden zurzeit aufwändig renoviert. Umso schöner, dass auch die geöffneten ihren Besuchern viel zu bieten haben.

Das 1793 gegründete Musée des Beaux-Arts Nancy (MBAN) zählt zu den ältesten Museen Frankreichs. Man betritt es über die Place Stanislas, es umfasst jedoch drei Gebäude aus unterschiedlichen Epochen, allen voran den Pavillon unmittelbar an der Place Stanislas, der somit Teil des UNESCO-Weltkulturerbes Place Stanislas ist. 1936 wurde der Art déco- Flügel angebaut und 1999 zeitgenössisch von Laurent Beaudouin erweitert. Die Grundmauern des Musée des Beaux-Arts stehen auf den Befestigungen der Stadt (15. bis 17. Jahrhundert) – in den Räumlichkeiten des Untergeschosses sieht man Reste der Stadtmauern, wenn man die mehrere hundert Exponate umfassende Collection Daum mit Werken der bedeutendsten Glaskünstler des Art Nouveau besichtigt. Leider waren diese Räumlichkeiten allerdings im Sommer 2018 aufgrund eines Wasserschadens noch geschlossen – heftige Regenfälle hatten Überschwemmungen der tiefliegenden Gebäudeteile zur Folge. Alle Objekte konnten zum Glück gerettet werden, nun benötigt man ein wenig Zeit und Geduld für die Trocknungsarbeiten – die Wiedereröffnung ist für diesen Herbst geplant.
Das Museum beherbergt Kunstwerke aus nahezu ganz Europa des 15. bis 21. Jahrhunderts, darunter von international geschätzten Künstlern wie Perugino, Tintoretto, Jan Breughel d.J., Caravaggio, Rubens, Delacroix, Monet, Manet, Modigliani, Gris, Dufy und Picasso. Daneben gibt es eine umfangreiche Sammlung regionaler und französischer Künstler, die kleinfeine Japanalia-Sammlung von Charles Cartier-Bresson (1853 – 1921) sowie Werke des Designers und Konstrukteurs Jean Prouvé (1901–1984), der Architekten wie Norman Foster, Renzo Piano oder Jean Nouvel maßgeblich beeinflusste. Mehr als ausreichend Exponate also, um einige Stunden durch die Jahrhunderte und ihre gestalterischen Sujets zu schlendern und zu genießen. Will man chronologisch vorgehen und sich vom Mittelalter bis in die zeitgenössische Kunst inspirieren, begeistern, verwirren und geleiten lassen, so startet man im 2. Stock bei den Italienern und Niederländern. Im ersten Stock wird es dann französisch, mal lieblich wie bei Boucher oder landschaftsfreudig bei Lorrain, im Erdgeschoss sind neben Monet, Manet und Picasso vor allem auch lothringische Künstler wie Émile Friant oder Victor Prouvé, der Mitbegründer der Schule von Nancy war, ausgestellt sowie Künstler des 20. Jahrhunderts wie Pierre Bonnard, Modigliani und Matisse, Raoul Dufy, Juan Gris und Suzanne Valodon. Das MBAN besitzt auch eine bemerkenswerte Graphik-Abteilung, 2011 konnte zudem ein neuer Museumsparcours mit einem Raum für Möbel und Objekte des aus Nancy stammenden Designers Jean Prouvé eingerichtet werden. Beeindruckend ist auch die Stil-Vielfalt seiner Treppenhäuser.

Das klassische Treppenhaus des Musée des Beaux-Arts Nancy (MBAN) im Gebäudeteil an der Place Stanislas. (© casowi)

Im Stil des Art Deco zeigt sich ein weiteres Treppenhaus im Musée des Beaux-Arts Nancy (MBAN). (© casowi)

… und modern geht’s auch. (© casowi)

Die „Jungfrau mit Kind“ von Perugino wird an einem Holzpanel präsentiert. (© casowi)

Gewaltig in der Dimension: „Verklärung Christi“ von Peter Paul Rubens. (© casowi)

Führungen für junge Besucher_innen sind geruhsam – die Kinder wirken überaus interessiert und zugleich entspannt. (© casowi)

Ausschnitt aus „Aurore et Céphale“ von François Boucher. (© casowi)

„Der Herbst“ von Eduard Manet. (© casowi)

Punktgenau gearbeitet: Die „Jeune femme assise“ des Impressionisten Hippolyte Petitjean. (© casowi)

Der Lothringer Émile Friant beschrieb in seinen Bildern gerne Alltagsszenen wie diesen Friedhofsgang. (© casowi)

„Die Liebenden“ von Émile Friant (© casowi)

Wirkt fast wie ein Foto: „Jeune nancéienne dans un Paysage de Neige“ aus dem Jahr 1887 von Émile Friant (1863-1932). (© casowi)

Jacques Majorelle, der Sohn des Möbeldesigners Louis Majorelle, lebte eine Weile in Marrakech und ließ sich dort inspirieren. (© casowi)

Suzanne Valadon arbeitete zunächst als Modell für Renoir und Toulouse-Lautrec (mit dem sie auch liiert war), bevor sie autodidaktisch selbst zu malen begann. Hier das großformatige „Le Lancement du filet“ (© casowi)

Picasso, Homme et femme, 1971. (© casowi)

Beeindruckende Glaskunst von Émile Gallé, die zu einer Sonderausstellung vom Museum der École de Nancy ans MBAN ausgeliehen wurde. (© casowi)

Die Libelle ist eines der Lieblingsmotive des Art Nouveau von Nancy. (© casowi)

Eine Lampe von Louis Majorelle, die in einer Sonderausstellung im MBAN zu sehen war. Ihr Zwilling steht im Museum der École de Nancy. (© casowi)

Edel bestickt: Ein Jugendstil-Kleid. (© casowi)

Nach der Teilung Lothringens infolge des Deutsch-Französischen Kriegs im Jahr 1871 zogen nahezu alle Künstler und Kunsthandwerker der Region nach Nancy und auch vermögende Industrielle aus dem Elsass flohen in die Stadt. Mitte der 1890er Jahre knüpften erstere immer synergetischere Bande und traten bei Ausstellungen gemeinsam auf. Mit der Zeit entwickelte sich die Stadt so zu einem der führenden Zentren Europas für Art Nouveau. 1901 schließlich gründeten Emile Gallé, Louis Majorelle und Antonin Daum offiziell die École de Nancy (Schule von Nancy), die bis zum Beginn des 1. Weltkriegs weltweit hohes Ansehen genoss.
Die Industriellen wiederum erkannten aus ihrer persönlichen Leidenschaft für die neue, viele Lebensbereiche umfassende Stilrichtung heraus rasch die Chancen der Zeit und stellten einige hundert Arbeiter an, die für sie in der Fertigung von Möbeln und weiteren Einrichtungsgegenständen tätig wurden. Kunst sollte nun erstmals einem breiteren Publikum zugänglich werden – und so musste sie industrialisiert werden. Viele der Künstler spezialisierten sich, wie Louis Majorelle auf die Fertigung von Möbeln oder Émile Gallé auf die Glaskunst, die er wagemutig und kreativ zu neuen Höhen führte, indem er z.B. Gedichte in Vasen abbildete oder neue Einschlusseffekte erzielte.
Der Warenhauseigentümer Eugène Corbin (1867–1952) vermachte mehr als 700 Stücke seiner Sammlung der Stadt Nancy als Schenkung und verkaufte in den 1950er Jahren zudem seine Villa an die Stadt, aus der sukzessive das heutige Museum der École de Nancy entstand. Es beherbergt einen immensen Art Nouveau-Schatz mit Mobiliar, Bildern, Stoffen, Glaskunst sowie Keramiken.

Schränke dienten im Art Nouveau nicht nur der Aufbewahrung, sondern erhielten Sonderraum für Nippes, der in dieser Zeit aufkam und heiß begehrt war. (© casowi)

Ein Wohnraum im Museum der École de Nancy mit einem Flügel von Louis Majorelle. Er fertigte ihn ein Jahr nach Émile Gallés Tod in dessen Angedenken und nannte ihn „Der Tod des Schwans“. Dahinter das Porträt von Eugène Corbin und seiner Frau. (© casowi)

Die Weizenernte als Detail auf einer Anrichte. So wurde der Bogen vom Anbau bis zur Zubereitung der Lebensmittel gespannt. (© casowi)

Doldenblüten faszinierten die Jugendstil-Künstler, hier der Bärenklau auf einem Vorhang. (© casowi)

Ein komplettes Esszimmer, entworfen von Eugéne Vallin und umgesetzt in Zusammenarbeit mit Victor Prouvé, wurde in das Museum der École de Nancy transferiert. (© casowi)

Am diesem Bucheinband arbeiteten drei Künstler zusammen: Victor Prouvé machte den Grundentwurf, Camille Martin die Ecken aus Emaille und René Wiener verantwortete als Buchbinder den Lederteil. (© casowi)

Das Schlafzimmer von Louis Majorelle. (© casowi)

Emile Gallé entwarf dieses Bett namens „Morgen- und Abenddämmerung, das mit Schmetterlingen, Totenkopffalter und Eintagsfliegen den Lebenszyklus versinnbildlicht. (© casowi)

… und immer wieder die Libelle. (© casowi)

Émile Gallé entwickelte auch eine Technik, mit der er Gedichte in Glasvasen integrieren konnte. (© casowi)

Mondscheinglas, eine Entwicklung von Émile Gallé. (© casowi)

Buntglasfenster aus einem Privathaus, von Jaques Gruber. (© casowi)

Tipp: Wer Nancy und/oder seine Museen gerne in einer charmanten, deutschsprachigen Führung mit lebendigem Hintergrundwissen erleben will, dem sei Christine Wetz (christinewetz@orange.fr) empfohlen.


Ich bedanke mich bei Nancy Tourisme sehr herzlich für die Einladung zur individuellen Pressereise und bei Atout France für die Koordination. #topfrenchcities

 

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fasziniert von Menschen und deren Geschichten, Reisen, Wein, Food, Musik, Sprachen und einigem mehr. Beruflich Business Coach, Konfliktmoderatorin und PR-Dozentin.

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