Ja, tragisch. Erschütternd.
Die Meldungen, die immer wieder kommen.
Zu Jugendlichen, die – im Suff oder auch „einfach mal so“, aus niederen Beweggründen – aggressiv werden. Die Jüngere, Gleichaltrige, Erwachsene oder gar Greise verprügeln. Sie misshandeln, treten, sogar töten. Es ist richtig und wichtig, die Ursachen dieser Entwicklung zu hinterfragen, von mehreren Seiten zu beleuchten, nach Wegen zu suchen, die diese Gewalt verhindern könnten.
Aber warum beschränken sich die Medien nur darauf?
Wo bleibt die Berichterstattung zur anderen Medaillenseite der „Jugend von heute“?
Warum gibt’s so wenig Interesse an den Kindern und Jugendlichen, die vielen Erwachsenen Vorbild sein sollten? Vorbild, weil sie sich in jungen Jahren einsetzen und sozial engagieren: für andere Kinder, für Alte, für Arme, hier vor ihrer Haustüre oder in fernen Ländern, in denen Not und Armut ganz andere Zwischentöne und Stufen kennen als in Deutschland.
Kinder, die einmal wöchentlich auf dem Pausenhof an ihre Mitschüler Hot Dogs, Brezeln und andere Pausensnacks verkaufen wie die Buddy Bears aus Berlin, die mit dem eingenommenen Geld ein Schulprojekt in Lagos, Nigeria, sowie die Berliner Suppenküche unterstützen.
Jugendliche wie die Teenager von der Stiftung Courage aus Münster, die ganz klar formulieren: „Wir wollen Kinder fördern und unterstützen, die schlechtere Bildungschancen haben als wir“. Deshalb übernehmen sie Patenschaften, die neben Nachhilfe und Hausaufgabenbeistand auch gemeinsame Freizeitaktivitäten beinhalten. Sie finanzieren mit den Geldern ihrer Stiftung (die vom Abi-Jahrgang 2006 gegründet wurde), Bücher, Kurse, Eintrittskosten zu kulturellen Veranstaltungen bis hin zu Klassenfahrten und Austauschprogrammen. All das tun sie in ihrer Freizeit. Mit vollem Einsatz. Und geringen Mitteln.
Warum? Weil sie versuchen, ihren „eigenen ergänzenden Beitrag zur Bildung von Schülern und jungen Menschen zu leisten.“ So die Schülerstiftung Courage in ihrem Folder. Auch der entstammt ihrem eigenen Wollen, Können und Handeln. Und die mediale Präsenz beschränkt sich auf die Lokalausgabe der Tageszeitung ihrer Heimatstadt Münster. Das betrübt – nicht, weil sie selbst ins Rampenlicht treten wollen. Da wären sie mit nem Casting bei einer TV-Show sicherlich schneller am Ziel. Einmal schräg singen und Du hast Primetime-Präsenz. Sie erhoffen sich erhöhte Aufmerksamkeit für die Inhalte des Projekts. Wollen weitere Förderer gewinnen, um mehr Kindern helfen zu können. Sie möchten Gleichaltrige in anderen Städten darauf aufmerksam machen, dass es sich lohnt, sich zu engagieren.
Am 16. September wurden in Berlin nun acht der Gruppen, die sich in Deutschland bereits in den Kindheits- und Jugendjahren sozial engagieren, gewürdigt und ausgezeichnet – bei der Preisverleihung von JUGEND HILFT!
Wieviele Journalisten interessierte das? Leider war es nur eine Handvoll, die sich auch nur unverbindlich anmeldete und dann leider zum Großteil nicht an der Veranstaltung teilnahm. Obwohl JUGEND HILFT! wahrlich nun keine Wald- und Wiesenorganisation ist – nein, es ist vielmehr eines der Projekte von Children for a better World e.V. – einer Kinderhilfsorganisation, die 1994 von 31 engagierten Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Politik, Kunst und Medien (allen voran Dr. Florian Langenscheidt) gegründet wurde und deren Motto „Mit Kindern. Für Kinder!“ lautet.
Arme deutsche Medienlandschaft.
Könnt Ihr , müsst Ihr, wollt Ihr wirklich immer nur mit Sensationen der grässlichen Art bei Euren Lesern und Anzeigenkunden punkten?
Ich habe auf der Preisverleihung eines der Courage-Mädchen gefragt, was ihr immer wieder Antrieb sei, ihre Freizeit (und seit G8 ist diese ja nun auch nicht mehr allzu reichlich bemesssen) zugunsten Dritter einzusetzen. Die Antwort: „Wenn ein jüngeres Geschwisterchen eines Kindes, dem wir bereits helfen, zu uns kommt und darum bittet, ebenfalls von uns unterstützt zu werden – das ist schon ein toller Moment.“ Das sind Aussagen, die mir für einen Moment den Atem nehmen.
Wäre es nicht auch mal ein gesellschaftlich relevantes Thema, darzustellen, wie sich der Nachwuchs, ja bis zu einem gewissen Grade vielleicht sogar die Zukunft Deutschlands sich um das Gezeter eines selbstdarstellenden auflagen-pushenden Ex-Bankenvorstandes einfach einen feuchten Kehricht schert und vielmehr selbst dort anpackt, wo es was zu tun gibt?
Mir würden auf Anhieb ein paar Titel einfallen, denen eine kleine Serie mit Vorstellung einzelner Projekte gut zu Gesicht stünde.
Als Kontrast zu den Horrorgeschichten, die es natürlich auch gibt und leider weiter geben wird.
Aber eben nicht nur…
da wird ein sehr wichtiges Thema angesprochen!
ich gebe dir sehr recht in deinen Aussagen. allerdings würde noch einen Schritt weiter gehen. es geht gar nicht nur um Projekte, wie sie hier dargestellt werden, sondern „die Jugend von heute“ engagiert sich noch viel mehr. ob im Sportverein, der Kirche oder der Schule. natürlich ist das schwerer darzustellen als die zweifelsohne genauso genialen Projekte. aber die Quinzessenz ist die gleiche: das Bild, das ein Großteil der Gesellschaft von der Jugend hat, wird geprägt von Einzelerscheinungen wie Komasaufen anstatt von dem wirklichen Bild.
allerdings muss ich dir in einem Punkt deutlichst widersprechen: das zeitraubende Element des G8. vielleicht magst du dazu ja meinen Artikel lesen: http://mrautumn.wordpress.com/2010/03/06/boah-warum-die-kritik-am-g8-uberzogen-aber-angebracht-ist/
aber ansonsten: Danke für den Artikel!
Danke Dir für Deine Gedanken.
Eine Freundin hat eine ihrer Töchter in der letzten G9-Stufe und die andere in der G8. Und da äußert die Ältere schon ziemlich viel Respekt vor dem Arbeitseinsatz der Jüngeren – und bemüht sich sehr, bloß nicht sitzen zu bleiben. Man könnte meinen, sie würde ihre Schwester um das um ein Jahr reduzierte Schuldasein beneiden – es ist mitnichten so. Aber das ist nur ein Beispiel, klar…