Was – bitte sehr – war das denn?
Gut, dass Christan Thielemann rund um seinen Abgang aus München eine sehr schräge Mediennummer gefahren hat, mag ich aus PR-Sicht zwar nac h wie vor nicht gutheißen, aber unter strategischen Aspekten noch verstehen.
Dass er nun aber die Münchner Philharmoniker und das Publikum dazu nutzt, öffentliche Fingerübungen für seine Wiener Eroica (am 25. März mit den Wiener Philharmonikern, mit denen er den ganzen Beethovenzyklus aufführt und auf DVD herausbringen wird) zu machen, finde ich reichlich befremdlich. Das hätte ebenso für die ursprünglich angesetzte 4. Sinfonie gegolten – steht sie doch am gleichen Abend auf dem Programm in Wien.
Wie praktisch also: ein Griff in seine Schublade für Aktuelles – das Münchner Publikum wird es schon nicht merken.
Es war ja auch sonst tumb und sich von einem großen Tanzbären am Nasenring herumführen lassen.
Ganz schön clever von Herrn Thielemann.
Wenn auch reichlich unsportlich.
Das ist die eine Sache.
Was mich jedoch wirklich in Rage brachte, war seine Eroica-Interpretation.
Was war denn das? Oder was soll es sein?
Um eine Analogie in die Welt großer kulinarischer Genüße zu ziehen: Thielemann hat versucht, einen per se phantastischen Schweinebraten kunstvoll in einen asiatisch gewürzten Schaum-Geleewürfel à la Ferran Adrià zu pressen.
Warum in aller Welt?
Ist sein Selbstinszenierungsdrang noch größer als ich ihn bisher wahrnahm?
Natürlich kann man Beethovens Werk neu interpretieren – das müssen Thielemann und seine Kollegen schließlich mit jedem Stück. Aber warum denn diese grauenvollen Tempi-Wechsel?
Das Ärgste: eine schockgefrorene Generalpause à la Michael Jackson!
Will er sich – und Beethoven – so positionieren?
King of Taktstock?
Im zweiten Satz hatte ich kurz die Augen geschlossen, um vorübergehend sein Tanzbären-Dirigat auszublenden.
Ich bin eingeschlafen! Um 20 Uhr nochwas. Das ist mir in 37 Jahren Abo-Erfahrung noch NIE passiert. Nach Celibidache hielt man es ohnehin nicht für möglich, dass manche Tempi weiter zu unterbieten seien. Thielemann hat es geschafft.
Ich habe zum ersten Mal mit voller Inbrunst ein entsprechend gut vernehmliches BUH von mir gegeben.
Es galt nicht den Philharmonikern (von denen ich in all den Jahren wahrlich nicht immer begeistert war – heute aber waren sie mal wieder wirklich gut).
Dies BUH galt Christian Thielemann.
Und seinem Gesamtkonzept.
Er möge sich schämen: schließlich sieht er sich als Künstler. Das ist er natürlich auch.
Sein Format gleicht aber zurzeit leider dem eines übercleveren Managers oder eines ebensolchen Politikers auf Landesebene.
Musik aber fordert etwas anderes: Respekt.
Wie schade, dass er diesen offensichtlich verloren hat.
Zumindest gegenüber seinem Münchner Orchester und dessen Publikum.
Ich hatte mich mal sehr gefreut, dass Christian Thielemann nach München berufen wurden.
Heute bin ich wirklich enttäuscht von ihm.