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Wieviel Mode darf es sein?

[Unbezahlter Redaktionsbesuch] Das Motto der Ausstellung „40 Jahre Vogue Deutschland“ lautet „Ist das Mode oder kann das weg!?“. Sie ist noch bis zum 12. Januar 2020 in der Villa Stuck in München zu sehen und ist nicht nur für Modejunkies sehr sehenswert.

Die Kurator_innen haben das Experiment, ein Printprodukt in einer Ausstellung lebendig in Szene zu setzen, hervorragend umgesetzt. Da ist vieles dabei, was das Herz von Fashionistas begehrt: Cindy, Linda, Clooohdia, Jil, Madonna & Co. auf Cover-Vorhängen durch die vier Jahrzehnte zur Einstimmung (die umgehend eine erstaunliche innere Zeitreise auslösen, mit allen Aahs und Ooohs der eigenen Lebensphasen). Extravagante und elegante Roben von Stardesignern wie Jean Paul Gaultier, Karl Lagerfeld oder John Galliano. Ausgewählte Fotografien und Reportagen aus vier Jahrzehnten (die auch in ihren geschichtlichen Kontext gesetzt werden). Raum für eine Hommage an den im Februar 2019 verstorbenen Modemultikünstler Karl Lagerfeld. Einblicke in ein Atelier sowie in die Produktion der Vogue (sehr nostalgisch: das unmittelbare Nebeneinander des händisch gefertigten Klebelayouts und der Digitalität von heute. Exponate des Studiengangs Fashion & Technology der Kunstuniversität Linz.

Und dann gibt es da ja auch noch die schmuddeligen Seiten des Businesssektors Mode. Nein, diesmal geht es nicht um Kinderarbeit, unsicher gebaute Fabriken und die Ausbeutung der Menschen an vielen Produktionsstätten. Vielleicht ist das bereits zu bekannt (wobei sich vermutlich leider nicht wirklich viel verändert haben dürfte) oder einfach auch nicht das Problem der Modemarken, die in der Vogue präsentiert werden – vielleicht passte es deshalb thematisch nicht.
Auf alle Fälle ist es allerhöchste Zeit, endlich auch die umwelt- und klimaschädlichen Aspekte des heutige Modewahnsinns zu thematisieren. Gut also, dass dem Thema Nachhaltigkeit Raum geboten wird. Darin zu finden: Upgecycelte Haute-Couture von Viktor & Rolf aus dem Jahr 2016, eine Installation der Londoner Mensware-Designerin Prima Ahluwalia, in der sie neben Massenshirtware auch eine Bluse ihrer Großmutter zeigt.
Und ein Video der Upcycling-Marke Ecoalf, die sich bewusst nicht am morgigen Black Friday beteiligt und auf ihrer Website sehr plakativ viele Gründe dafür nennt. Das Video in der Ausstellung begleitet Fischer auf dem Fischfang, es dürfte irgendwo im Mittelmeer spielen oder an der spanischen oder portugiesischen Atlantikküste. Die ersten Minuten entführen in ein pittoreskes Urlaubssehnsuchtsparadies. Dann holen die Fischer ihren Fang an Bord. Und man ist sprachlos. Und nahezu ratlos.

Ich habe heute nur ein Foto für Euch. Es ist nicht schön. Dafür möge es zum Nachdenken über das eigene Konsumverhalten anregen.
Einmal mehr bin ich dafür dankbar, Pullover und Jacken in meinem Kleiderschrank zu wissen, die die Geburt der deutschen Vogue oder einen der ersten Geburtstage bereits miterlebt haben. Qualität zahlt sich eben aus und kommt nie aus der Mode.

Ohne Worte. (Quelle: Ausstellung „Ist das Mode oder kann das weg!? – 40 Jahre Vogue Deutschland“)

Mitmischen bei kinokino: „Kim hat einen Penis“.

[Unbezahlte Werbung] Als der Bayerische Rundfunk (BR) Anfang Juni in seine Studios zur Aktion #BRmitmischen einlud, um mit seinem Publikum in direkten Austausch zu treten, erhielt ich auf meine Bewerbung hin einen Platz im Besuchsteam bei kinokino. Das Format versteht sich als kritisches Filmmagazin mit einem Schwerpunkt auf deutschen Produktionen und dem Blick auf Trends. Es feierte jüngst sein 40-jähriges Jubiläum und ist damit die langjährigste Kinosendung Deutschlands. Die wöchentliche On-Air-Sendezeit ist auf 15 Minuten beschränkt, vertieft werden manche Beiträge zusätzlich online. Die TV-Ausstrahlungen laufen dienstags um 21:45 Uhr auf 3sat und mittwochs um 0:15 Uhr im BR Fernsehen, alle Beiträge sind 180 Tage online abrufbar.

Sende- oder Empfangsmast? Hätte ich besser mal nachgefragt … (© casowi)

Gregor Wossilus, seit mehreren Jahren Mitglied der sechsköpfigen kinokino-Redaktion, diskutierte mit uns vier Mitmischer_innen eingangs die Frage, ob sich die Filmbranche sich in einer Krise befände. Er zeigt sich überzeugt: Nein – auch wenn sich viel verändert hat. Blieben erfolgreiche Filme früher meist über mehrere Monate auf dem Spielplan der Kinobetreiber, so sei heute eine Verweildauer von drei bis vier Wochen überaus ungewöhnlich. Die meisten Werke treten bereits nach einer Woche ihren Weg in die weitere Verwertungskaskade an: TV und Pay-TV, dann die Streamingdienste und natürlich Blu Ray und DVD. Der Hauptumsatz wird jedoch im Regelfall am ersten Spieltag eingespielt.

Wandkunst im Atrium in einem der BR-Gebäude in München-Freimann. (© casowi)

Etwa zehn neue Filme gehen aktuell pro Woche an den Start um die Gunst ihres Publikums, gute 520 pro Jahr. Ist Filmkritiker also ein Traumberuf? Ja, aber auch harte Arbeit: 47 Sendungen sind es pro Jahr, dazu gibt es wöchentlich Short Cuts online. Zwei bis drei Filme stellt kinokino wöchentlich vor. Für die Redaktion gilt dabei strikte Häppchenabstinenz: Jeder Film, der etwa einen Monat die redaktionelle Vorauswahlrunde übersteht und somit rezensiert wird, wird komplett betrachtet – meist von einem und nur in Ausnahmefällen von mehreren Redakteuren. Häufig werden den Redakteuren Streamlinks zugeschickt, die selteneren großen Pressevorführungen in Kinosälen funktionieren über eine nur ein einziges Mal abspielbare Festplatte, die vom Verleih zur Verfügung gestellt wird. Und bei manchen Produktionen müssen die Journalist_innen ihre Smartphones vor der Vorführung abgeben und mit Nachtsichtgeräten wird kontrolliert, ob nicht doch jemand in piratöser Absicht versucht, den Film mitzuschneiden. Klingt gleich ein bisschen nach einer James Bond-Szene, nicht wahr? Neben den Filmrezensionen beleuchtet die kinokino-Redaktion ab und an auch wirtschaftlich oder politisch relevante Themen aus der Filmindustrie wie drohende Monopolstellungen oder die #MeToo-Debatte. 
Auf den großen Filmfestivals sind meist mehrere Redaktionsmitglieder präsent, auch, weil der BR sich an manchen Festivals beteiligt und somit nicht nur in den Kinosälen präsent ist. In Cannes oder Berlin kann das tägliche Filmkonsumvolumen pro Redakteur_in durchaus sechs bis acht Produktionen betragen – wenn man bedenkt, dass Interviews, Beitragserstellungen und der Besuch von Pressekonferenzen und weiteren Veranstaltungen hinzukommen, fällt der coole oder gar romantisch erscheinende Aspekt recht schnell weg.  Alle Team-Mitglieder arbeiten zudem noch in anderen TV-, Radio- oder Online-Redaktionen des BR in Teilzeit oder sind nebenberuflich selbstständig tätig. Vielseitigkeit und die Fähigkeit zur Selbstorganisation sind also relevante Bestandteile des Berufs.

Notizen zum Film während unserer „Redaktionssitzung“. (© casowi)

Bei #BRMitmischen geht’s jedoch nicht nur um pure Infovermittlung zum Ablauf der einzelnen Programmangebote, sondern auch um aktives Erleben und Mitgestalten in der Light-Variante. Und so kam unser Viererteam in den Genuss, den Film Kim hat einen Penis anzusehen – um anschließend eine Rezension zu verfassen. Es ist das fünfte Werk des Filmemachers Philipp Eichholtz (1982 in Hildesheim geboren), wurde innerhalb kurzer Zeit mit wenig Budget gedreht und kam am 13. Juni in die Kinos. Der Plot klingt einfach: Die junge Pilotin Kim lässt sich in der Schweiz einen Penis anoperieren und überrascht damit ihren Lebenspartner Andreas. „Ich war neugierig“, erwidert sie recht banal auf Andreas’ Frage nach dem Beweggrund.

Martina Schöne-Radunski und Christian Ehrich in einer Szene aus „Kim hat einen Penis“. (© USM.one)

Und dann beginnt der Film die Vielschichtigkeit  des Themas zu zeigen: Humoreske Elemente erinnern dezent an Loriot, Paar-Dialoge an schwermütige Ingmar Bergman- oder frühe Woody Allen-Filme, rasche Videoclip-Kunst mischt sich mit Szenen, die mit großer Ruhe in Selbstreflexion kommen und verharren lassen. Und immer wieder zeigt sich die pure Neugier am Neuen und Andersartigen und stellt die Frage von der Macht, die das Tragen eines Penis zu ermöglichen scheint. Oder ist es doch „nur“ Rücksichtslosigkeit? Die Eindrücke des Mitmischer-Teams sind hier nachzulesen. Wir waren uns hinsichtlich der hohen Überzeugungskraft der Darsteller_innen einig und doch zeigte sich ganz wunderbar, wie unterschiedlich Filme wahrgenommen werden. Ob und wie sie berühren, welche Fragen sie stellen oder beantworten. Bei der kleinen Diskussion über die persönlich meistgeliebten Streifen sowie die unangenehmsten Filmerinnerungen wurde eines rasch klar: Kinofilme erreichen unsere Emotionen. Und wir alle empfanden es als schön, mal innezuhalten und über das eigene Film-Erleben zu reflektieren.

Gesund und schmackhaft: Die Kantinenerfahrung im BR. (© casowi)

Gregor Wossilus antwortete auf meine Frage, was er sich für die Zukunft wünscht: „kinokino soll seinen 50. Geburtstag feiern dürfen“. Ob es dann noch Lichtspielhäuser geben wird, stellt er in Frage – vielleicht sind es bis dahin komplett andere Formate und Möglichkeiten, die uns in die Plots mitnehmen. Nicht ändern sollte sich aber das kinokino-Team: „Wir sind gut eingespielt, ja fast schon wie eine Familie“.   

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Ich bedanke mich beim Bayerischen Rundfunk herzlich für die Einladung zur Teilnahme an der Aktion #BRmitmischen.

Genusserlebnisse in Nancy

[Pressereise] Lothringens Nancy ist abwechslungsreich und hält seine Gäste mit seinen vielen Attraktionen ganztags auf Trab. Umso wichtiger sind Momente der Ruhe und des Genusses. 

Die nötige Ruhe mitten im Zentrum der Stadt bietet das Hotel De Guise. Das ehemalige Stadtpalais aus dem 18. Jahrhundert liegt in der gleichnamigen Straße, einer ruhigen Seitenstraße der Grande-Rue, nahe des Palais Ducal. Die wunderschöne Treppe – inspiriert von König Stanislas Kunstschmied – ist Zeitzeugin der ehemals gräflichen Besitzes, die Zimmer sind überaus komfortabel und geräumig und seit kurzem sind auch alle renoviert.

Die fröhlich-selbstbewusste und überaus liebenswürdige Mittvierzigerin Karine Ponsard entstammt einer Gastronomenfamilie aus der Umgebung und eröffnete im Sommer 2018 in unmittelbarer Nähe zur Kirche St. Epvre das Restaurant Le Bistroquet (14, Place du Colonel Fabien). Blausamtige Sitzbänke und Kunst an den braunen Wandpanelen schaffen ein angenehm edles Ambiente, der Service ist erfrischend präsent und doch unaufdringlich – etwa 70 Gäste können sich hier wohlfühlen. Ihre Speisekarte stellt Karine Ponsard gemeinsam mit Aurélien Gaillard nach saisonalen und regionalen Gegebenheiten zusammen, immer mit dem gewissen Etwas, für das schon ihr Vater berühmt war. Ein Desserthighlight ist das Souffle mit Mirabellenlikör. 

Die Stadt hat viel Jugendstil zu bieten – im Musée des Beaux-Arts Nancy (MBAN) sind nach einem Wasserschaden nun auch wieder 300 Exponate der Sammlung Daum zu sehen.

Auch beim Streifzug durch Nancys Gassen und Straßen trifft man immer wieder auf Jugendstil-Elemente an den Fassaden.

Jugendstil pur gibt’s auch an und in der Brasserie L’Excelsior, die nahe dem Bahnhof gelegen ist und sich hervorragend zu einem Abschlussmahl vor der Abreise eignet. Ein heißer Tipp auch für die Fans von Meerestieren!

Und wie immer in Frankreich lohnt sich auch ein Bummel über die Märkte der Stadt und der Blick in die kleinen kulinarischen Paradiese …

An der Place Stanislas sind ein Grand Hotel, die Oper und das Museum der Schönen Künste zu finden, das größte Gebäude ist jedoch das Rathaus. Nur selten öffnet es die Türen zu seinen Prunkräumen – hier gibt’s dennoch ein paar Einblicke.

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