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Auf Goethes Spuren an der Lahn

[Werbung | Kooperation] Wandeln im damals, in Goethes Zeiten – das gelingt an der Lahn und in den an ihren Ufern gelegenen Orten und Städten. So auch in Wetzlar, wo Johann Wolfgang Goethe den Sommer 1772 verbrachte, um auf Drängen seines Vaters am dortigen Reichskammergericht ein juristisches Praktikum zu absolvieren. Gern war der 23-jährige dieser „Bitte“ zunächst wohl nicht nachgekommen, war die Juristerei doch nur lästige Pflicht für ihn. Geschickt wählte er sich für den Aufenthalt die Ferien des Reichskammergerichts und fand so wohl auch ausreichend Muße, die Gegend zu erkunden und in Ruhe zu schreiben. Dann aber begegnete er der 18-jährigen Charlotte Buff, Lotte genannt, und verliebte sich in sie. Allerdings blieb seine Leidenschaft unerwidert, da Lotte bereits einem Anderen versprochen war – für Goethe selbst ein Drama, für abertausende Liebhaber_innen seiner Werke jedoch ein echter Schlüsselmoment. Denn er verarbeitete sein Liebesleid schriftlich und es entstand daraus sein erster „Bestseller“: Der 1774 veröffentlichte Briefroman „Die Leiden des jungen Werthers“.

Im Lottehaus gibt es neben der Erstausgabe der „Leiden des jungen Werthers“ auch internationale Ausgaben des Briefromans zu sehen. (© casowi)

Das Frappierende für mich als Coach daran ist: Goethe dissoziierte das eigene Erleben und übertrug es auf seinen Romanhelden Werther. Er blieb dabei jedoch vielen Details zu Wetzlar und seiner Umgebung sowie zum Haus der Familie Buff so treu, dass sie bis heute nachvollziehbar sind. Betritt man die Stufen des Wohnhauses (heute Lottehaus genannt), so beginnt eine Zeitreise ins 18. Jahrhundert. Rechts des kleinen Eingangsbereichs geht’s in die Küche und ins dahinter liegende Speisezimmer.

Das Lottehaus, Wohnsitz der Familie Buff. (© casowi)

Geradeaus führt eine hölzerne Treppe (mit Abstellflächen für Krüge und kleinen Schubladen) ins Obergeschoss zu den Wohn- und Schlafräumen der Familie. Manche Böden und Wände des Fachwerkhauses sind schief, die Dielen- und Parkettböden knarzen sanft. Die Zimmer sind klein und sparsam mit hübschen Biedermeiermöbeln eingerichtet – zweckmäßig, nicht opulent.

Im linken Teil des Erdgeschosses sind nach Buffschen Familiendevotionalien wie einer Haarlocke von Lottes früh verstorbener Mutter auch ein paar Räume Goethes Werk gewidmet. Sie zeigen neben der deutschen Erstausgabe auch internationale Werther-Ausgaben des 18. bis 20. Jahrhunderts sowie Grafiken und Gemälde mit literarischen Motiven des Romans.

Eine Locke von Lotte, die ihre in Basel lebende, gleichnamige Tochter aufbewahrt hatte. (© casowi – mit besten Dank an M. Krause-Schäfer für die Korrektur)

Wer als echter Werther-Fan in eine exakte Stellenanalyse eintauchen will, dem sei das Interview des Deutschlandfunk mit Professor Anette Baumann, der Leiterin der Forschungsstelle zum Reichskammergericht, empfohlen. Goethe integrierte in Werthers Figur neben den eigenen Gefühlen zu Lotte auch den tragischen Suizid seines Bekannten Karl Wilhelm Jerusalem, der am Reichskammergericht arbeitete und sich aufgrund seiner Liebe zu einer verheirateten Frau in seiner Wohnung erschoss. Seine Räume im nach ihm benannten Jerusalemhaus kann man besichtigen, allerdings ist das Fotografieren untersagt.

Das Jerusalemhaus (© casowi)

Nachdem „der Werther“ publiziert war, nahm die Zahl der Suizide gravierend zu – erschreckend viele junge Männer folgten dem Beispiel ihres Romanhelden und bevorzugten sein Grab als Ort des Geschehens, was schließlich auch dazu führte, dass es aufgelassen wurde. Erst sehr viel später wurde im Rosengärtchen, dem ehemaligen Friedhofsgelände ein Gedenkstein an Karl Wilhelm Jerusalem aufgestellt – unweit des Grabsteins der Familie Kestner, in die Charlotte Buff geheiratet hatte.

Der Gedenkstein an Karl Wilhelm Jerusalem im Rosengärtchen (© casowi)

Goethe selbst war nach Lottes Korb bereits abgereist und wanderte der Lahn entlang weiter in Richtung Rhein. Der gut mit des Dichters Konterfei ausgeschilderte Goetheweg führt von Wetzlar nach Garbenheim, entlang von Feldern, vorbei an Obstbäumen und Pferdestallungen, und immer wieder schweift der Blick auch über die Hügellandschaft seitlich der Lahnufer. In Wetzlar selbst geht’s über Treppen hinab zum Goethebrunnen (auch er ist im Roman erwähnt) und zu den Gedenksteinen im Rosengärtchen. An zum Roman korrespondierenden Stellen sind Gedenktafeln mit Zitaten aus dem Werther angebracht.

Keinesfalls versäumen sollte man aber auch einen Spaziergang durch Wetzlar selbst: Wunderschöne mittelalterliche Fachwerkbauten (das älteste datiert auf 1356) mit hübsch gestalteten Türen und Fassadenschmuck wie Sonnen begeistern auf Schritt und Tritt, daneben gibt es imposante Renaissance- und Barockbauten.

Der Dombau begann in der Romanik und wurde durch die Jahrhunderte fortgesetzt – die Bauabschnitte lassen sich auch von außen gut erkennen, durch unterschiedliche Farben der Ziegel und verschiedene Turm- und Dacheindeckungen.

Der Dom (© casowi)

Die verschiedenen Bauabschnitte des Doms lassen sich auch am Dach erkennen (© casowi)

Zum Entspannen bietet sich einer der gastronomischen Betriebe unten an der Lahn an – am besten mit Blick auf die wehrhafte Alte Lahnbrücke (erstmals 1288 urkundlich erwähnt).

Abendstunden mit Überblick bieten hingegen die Restaurants am Kornmarkt. Goethe saß vielleicht ja auch ab und an auf dem hübschen Platz …

Burger mit Blick am Kornmarkt (© casowi)


Ich bedanke mich bei der Rheinland-Pfalz Tourismus GmbH herzlich für die Kooperation. Auf den Inhalt des Artikels wurde kein Einfluss genommen. #RLPerleben #GenussDuell

4 Kommentare

  1. Helga Wilhelm sagt

    Ein Artikel, der dazu anregt, wieder einmal die kleinen Städtchen zu besuchen in Deutschland, die mit Geschichte und Geschichten und hübschen Fachwerkhäusern. Und daran erinnert, doch nochmal den Werther zu lesen.

    • casowi sagt

      Ja, das stimmt: Die kleineren Städte sind wirklich häufig überaus beeindruckend und liebenswert und wir alle sollten sie neben den „Greatest Hits“-Großstädten nicht vergessen. Und das gilt tatsächlich auch für die klassische Literatur, die oft viel aktueller ist als man meinen möchte. Na, vielleicht greife ich ja in der Weihnachtszeit zu weiteren Werken von Herrn Goethe (eine Sammelbox steht ja seit Jahrzehnten in einem meiner Regale) … 😉

  2. Marcus Krause-Schäfer sagt

    Sehr geehrter Verfasser,
    bei der Locke im Lottehaus in Wetzlar muss es sich, nach dem zeitgenössischen Beizmittel, um die Locke von Lotte selbst handeln. Verfasst hat diesen nämlich die Tochter Lottes Charlotte Kästner, selbige in Basel wohnend. Sie schreibt in Sütterlin: „Haare meiner Mutter, X Kästner, geb. Puff, geb 1753, gestorben 1828 in Hannover“.
    Mit freundlichen Grüßen aus Berlin
    Marcus Krause-Schäfer

    • casowi sagt

      Besten Dank für die „Aufklärung“, werter Herr Krause-Schäfer!
      Und vielleicht schaffe ich es ja dieses Jahr endlich mal, meine Sütterlin-Kenntnisse zu erweitern – das ist ein guter Anstoß gewesen. Danke dafür und beste Grüße nach Berlin!
      Catharina Wilhelm

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