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Worms und die Vielfalt von Open-Air-Events

[Werbung | Kooperation] Imposant ist bereits die Kulisse der Nibelungenfestspiele – sie finden unmittelbar am Dom zu Worms statt. Die 85.000 Einwohner-Stadt in Rheinhessen weiß ihre Themen zu setzen und Feste zu feiern. Siebzehn Tage im Juli und August standen erneut im Zeichen von Siegfried, Etzel, Gunther und Hagen, Kriemhild, Brunhild & Co., zum vierten Mal unter der Intendanz von Nico Hofmann. Auch dieses Jahr wagte er eine Uraufführung, denn nicht die bekannte Sage stand auf dem Programm, sondern vielmehr deren (mögliche) Fortsetzung: Siegfrieds Erben. Das Stück, das am Tag nach dem grausamen Gemetzel an Hunnenkönig Etzels Hof beginnt, wurde vom Autorenduo Feridun Zaimoglu und Günter Senkel geschrieben, Roger Vontobel führte Regie. Jürgen Prochnow stand im Alter von 77 Jahren erstmals auf einer Open-Air-Bühne und überzeugte als schwer gezeichneter Etzel. Das gut drei Stunden dauernde Stück bietet viele Möglichkeiten der Auseinandersetzung mit den Themen Macht und Ohnmacht, Habgier und Rache. Etzel will den Tod seines jüngsten und letzten Sohnes rächen, Brunhild (dargestellt von Ursula Strauss) ist schwer gezeichnet vom Verrat Siegfrieds und der Vergewaltigung durch Gunther. Und alle wollen den im Rhein versenkten Nibelungen-Schatz: Die Burgunder, die Niederländer, die Hunnen ebenso … Alles recht blutrünstig und durchaus schlammschlachtig. Aber überzeugend. Wie auch die Musik des kleinen Saiteninstrument-Ensembles, das sich um den mongolischen Kehlkopfsänger und Pferdekopfgeiger Enkhjargal Dandarvaanchig gruppierte. Sein mehroktaviger Gesang verwirrte zunächst, passte aber perfekt zum Bühnengeschehen.

Die Bühne der Nibelungenfestspiele am Wormser Dom. (© casowi)

Ein Domportal, das auch mal zum Bühneneingang wird … (© casowi)

Vor der Aufführung sowie in der Pause kann man den Park des Heylhof-Schlösschens genießen. (© casowi)

So blutig wie Teile des Bühnenstücks: Der Brunnen im Heylhof-Park. (© casowi)

So lässt sich der Festspielabend bestens starten! (© casowi)

Alternativ gäbe es auch ein vegetarisches Menü … (© casowi)

Schokoladenglück vor dem Bühnenstück (© casowi)

Worms versteht es, sich zu inszenieren: Vor der Aufführung lässt es sich köstlich im Heylshof-Park speisen. Dazu angenehmer Piano-Trio-Jazz – so lässt es sich gut runterkommen vom Alltag und ankommen in der Aura des Wormser Doms und seiner Vergangenheit. Die Staufer bauten ihn, 1181 wurde er geweiht. Und weil auch Kirchenbauten mit der Mode gehen, wurden die Südseite und drei Kapellen während der Gotik verändert und angebaut. Nähert man sich der Stadt mit dem Auto, so thront der Dom weithin sichtbar in der Landschaft und wirkt durch seine vier Türme fast wie eine Krone. Er ist der kleinste und wohl auch feinste der drei romanischen Kaiserdome am Rhein (Speyer und Mainz).

Der jüngste Teil des Wormser Doms: Das Westportal. (© casowi)

Blick zum hinteren Teil des Kirchenschiffs. (© casowi)

Holzmodell des Wormser Doms und seiner früheren Umgebung (© casowi)

Ein romanischer Löwe im Dom. (© casowi)

Die Protagonisten des Nibelungenlieds (um das Jahr 1200 n. Chr. geschrieben) begleiten einen durch die Stadt: Als Drachenskulpturen, als Schicksalsrad-Brunnen am Obermarkt, als Hagen-Denkmal am Rhein oder im multimedialen Nibelungenmuseum.

Das Schicksalsrad der Nibelungen an diesem Brunnen bewegt sich. (© casowi)

Immer wieder in der Stadt zu entdecken: Der Drache aus dem Nibelungenlied. (© casowi)

Das Nibelungenmuseum liegt unmittelbar an der Stadtmauer. (© casowi)

Worms ist eine der ältesten Städte Europas, vor 7.000 Jahren besiedelten Kelten die Gegend, anschließend die Wankionen und schließlich für etwa 5 Jahrhunderte die Römer. Um 600 n. Chr. lebte eine Merowinger Königin namens Brunichildis, vermutlich nimmt das Nibelungenlied 600 Jahre später Bezug auf historische Figuren und Ereignisse dieser Zeit. Brunichildis ließ auf dem höchsten Hügel der Stadt, auf dem bislang Tempel und Verwaltungsgebäude standen, eine erste christliche Basilika erbauen. Im Jahr 1000 wurde sie abgerissen, gefolgt vom ersten Dom, der unter Bischof Burchard I. in nur 13 Jahren entstand, allerdings von dessen Nachfolger Burchard II. im 12. Jahrhundert ebenfalls abgerissen und erneut errichtet wurde. 1181 wurde der heutige Dom geweiht und gehört seither zu den drei berühmten romanischen Kirchenbauten in Speyer, Mainz und eben Worms. Im Pfälzischen Erbfolgekrieg 1689 wurde die Stadt komplett zerstört. Der Kurfürst der Pfalz starb kinderlos, seine Schwester war Lieselotte von der Pfalz und  Schwägerin des französischen Königs Ludwig XIV. Dieser meinte nun, die Pfalz für sich beanspruchen zu können, wogegen natürlich die deutschen Fürsten waren. Ludwig IX. versuchte, den Dom sprengen zu lassen – alle Gläser gingen zu Bruch, alle Gemälde und Möbel brannten ab, aber der Dom selbst blieb stehen. 100 Jahre später zerstörte Napoleon die im Barock wieder aufgebaute Stadt erneut. Im Museum der Stadt Worms im Andreasstift gibt es eine umfangreiche Ausstellung zur Entwicklung der Stadt, von der Jungsteinzeit über die Römer bis ins Mittelalter.

Ein römischer Grenzstein. (© casowi)

Römische Gesichtskrüge (© casowi)

Glas aus der Römerzeit – beeindruckend, wie viel noch bestens erhalten ist. (© casowi)

Schmuck als frühmittelalterliche Grabbeigabe der „Schönen Seeheimerin“ (© casowi)

Ein bereits verwittertes Dekorstück von der Fassade des Doms aus Sandstein ist anlässlich des tausendjährigen Domjubiläums ebenfalls im Andreasstift zu besichtigen. (© casowi)

Dank der in Worms angesiedelten, hoch angesehenen Lederindustrie (die das Lackleder erfand) und deren Einkünfte erholte sich Worms rasch und florierte weiter. Im Februar und März 1945 wurde die Stadt zu 90% zerstört, ihr Zentrum besteht heute vorwiegend aus Bauten der 1950er und 1960er Jahre.

Der ältere Teil der Fußgängerzone von Worms. (© casowi)

Immer wieder lohnt der Blick nach oben … (© casowi)

Ganz in Grün … (© casowi)

Die Judengasse führt zur Synagoge. (© casowi)

Am Eingang zur Synagoge. (© casowi)

Die Männersynagoge (dahinter liegt die hier nicht sichtbare Frauensynagoge) sowie die Mikwe. (© casowi)

Nur im ehemals jüdischen Viertel scheint die Zeit stiller gestanden zu sein: Hier gibt es noch enge Gassen und alt anmutende Häuser. Worms blickt zurück auf eine tausendjährige jüdische Kultur. Im Raschi-Haus, dem heutigen jüdischen Museum unmittelbar neben der wieder im alten Stil aufgebauten Synagoge, gibt es neben zahlreichen Exponaten aus vielen Jahrhundeten auch Schautafeln und Videomaterial sowie Sonderausstellungen.

Einer der Zinnteller im Jüdischen Museum. (© casowi)

Brandspuren aus der Reichspogromnacht 1938. (© casowi)

Das Rasche-Tor unweit der Synagoge. (© casowi)

Die Synagoge (im ursprünglichen Bau bereits 1034 geweiht) hatte vermutlich – wie auch die weiteren romanischen Kirchen der Stadt – den gleichen Baumeister wie der Dom. Worms bildete im Mittelalter gemeinsam mit Speyer und Mainz ein für seine Talmudhochschulen und Rabbinerkonferenzen in Westeuropa hochgeschätztes jüdisches Zentrum, „Jerusalem am Rhein“ genannt. In der Reichspogromnacht wurde die Synagoge vollständig niedergebrannt, 1960 nach den alten Plänen wieder aufgebaut. Der bis heute verehrte Gelehrte Raschi (1040 – 1105) lebte und wirkte hier – heute ist in seinem Wohnhaus das jüdische Museum untergebracht, in der Nähe erinnert das Raschi-Tor an ihn und jährlich reisen rund 85.000 Juden aus aller Welt zu seinem Grab auf dem ältesten jüdischen Friedhof Europas, „Heiliger Sand“. Der älteste Grabstein datiert aus dem Jahr 1076, seit den 1930er Jahren wird das weitläufige Gelände jedoch nicht mehr genutzt, da es einen neuen Friedhof gab. Sehr ungewöhnlich ist, dass der Friedhof gen Süden ausgerichtet ist – alle anderen jüdischen Friedhöfe sind „geostet“, die Gründe sind bislang unbekannt, auch wenn es mehrere Theorien dazu gibt. Es gibt keine Blumengaben oder Grabhügel, vielmehr werden Steine auf den Stein gelegt. Das geht auf einen alten Brauch zurück: man gab in den heißen Gegenden viele Steine auf das Grab, um zu verhindern, dass die Tiere den Leichnam wieder ausgruben. 1933 lebten 1.600 Juden in Worms, 1939 wurde Worms als judenfrei gemeldet. Nicht eine emigrierte Familie kam zurück. Allerdings besuchen Jahr für Jahr etwa 86.000 Juden aus aller Welt den Friedhof und Raschis Grab. Worms, Speyer und Mainz als sogenannte SchUM-Städte haben jüngst die Aufnahme ins UNESCO-Weltkulturerbe beantragt.

Der jüdische Friedhof. (© casowi)

An manchen Grabsteinen sind noch Inschriften zu erkennen. (© casowi)

An Martin Luthers zehn Tage in Worms erinnert ein in einen kleinen Park eingebettete Denkmal. Im April 1521 wurde er auf dem Wormser Reichstag angehört – Papst Leo X. hatte da bereits den Kirchenbann über ihn verhängt. Luther erhielt von Karl V. zwar freies Geleit, verweigerte aber dennoch den Rückzug seiner Schriften gegenüber dem Bischofshof mit Verweis auf sein Gewissen. Tags drauf sprach der König die Reichsacht aus und Luther floh zur Wartburg bei Eisenach. 2021 wird Worms „500 Jahre Reichstag zu Worms“ feiern und mit zahlreichen Veranstaltungen an die Widerrufsverweigerung als Entfaltung der Gewissensfreiheit erinnern.

Kurz nach den Nibelungenfestspielen feiert Worms im Sommer weiter: Das Musikfestival Jazz & Joy bietet seit 28 Jahren Musik unterschiedlicher Stilrichtungen mit Künstlern aus aller Welt. Mehr als 20.000 Besucher ergötzten sich auf fünf Open-Air-Bühnen drei Tage lang von nachmittags bis spät in die Nacht an den Auftritten von 38 Acts. Neben Powerfrauen wie Sarah Connor, Candy Dulfer oder Stefanie Heinzmann sind ebenso Combos oder Bands wie das Volker Engelberth Quintett, die Tom Ibarra Group, das Hi-Fly Orchestra oder auch Nachwuchs-Deutschrapper mit Cello, Indianageflüster, mit von der Partie.

Jazz & Joy spielt sich auf fünf Bühnen rund um den Dom herum ab. (© casowi)

Sarah Connor erinnerte an die tags zuvor verstorbene Aretha Franklin. (© casowi)

Die Niederländerin Candy Dulfer eröffnete Jazz & Joy mit funkigem Sax-Sound. (© casowi)

Stefanie Heinzmann begeisterte bereits zum zweiten Mal das Publikum von Jazz & Joy. (© casowi)

Dabei geht es keinesfalls andächtig zu, vielmehr genießt das Publikum (auch dank vieler und guter kulinarischer Angebote) im 360°-Modus die Festival-Vibes. Songs aus dem Tschad präsentierte Willy Sahel und Son del Nene brachte kubanischen Schwung à la Buena Vista Social Club in die Hüften der Wormser Bevölkerung.

Das Volker Engelberth Quintett am Weckerlingplatz. (© casowi)

Aus München: The Hi-Fly-Orchestra. (© casowi)

Son del Nene brachten kubanische Rhythmen an den Dom. (© casowi)

Nachmittagsjazz im Sommer, frisch serviert von der Tom Ibarra Group. (© casowi)

Deutschrap von und mit Indianageflüster. (© casowi)

Immer wieder im Mittelpunkt des Geschehens: Der Dom. (© casowi)

Mit ihrem Festivalpass (wahlweise für einen oder alle drei Tage) haben die Besucher die Möglichkeit, Bewährtes und Geschätztes zu genießen und zugleich neue musikalische Entdeckungen machen zu können. Begleitend gibt es ein Kinderprogramm, Diskussionsforen und Jazz-Gottesdienste. Worms liebt es, zu feiern, und so steht der Nächstjahrestermin bereits fest: 2019 wird Jazz & Joy vom 9. bis 11. August stattfinden – und die Fans von Max Herre können sich am 10. August auf ein Wiedersehen freuen.


Ich bedanke mich bei der Rheinland-Pfalz Tourismus GmbH herzlich für die Kooperation. Auf den Inhalt des Artikels wurde kein Einfluss genommen. #RLPerleben #GenussDuell

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