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Kreativität. Mehr als eine Worthülse.

Seit Jahren tagt und tanzt der Kommunikationskongress, die Fachtagung für Public Relations, Ende September im Berliner Congress-Centrum. Gut 1.600 zumeist in Grau- und Schwarztönen betuchte Kommunikatoren aus Unternehmen, Verbänden, NGOs und Agenturen besuchten also soeben zwei Tage lang Vorträge, Workshops und Diskussionspanels. Sie lernten aus Best Case-Präsentationen von Kollegen, schüttelten die Köpfe über die Krisen und Skandälchen des vergangenen Jahres, tuschelten über Branchennews, warteschlängelten sich an Kaffee- oder Frozen Yoghurt-Ständen, hofften auf den Gewinn eines iPads und feierten mehr oder minder das Wiedersehen mit ehemaligen Kollegen.

2012 scheint es, als sei das Gros der Kollegen nun auch wirklich in den ehemals so geschmähten Niederungen der Digital Relations angekommen. Dafür ein aufrichtiges Danke!

Es ging zudem um die soziale Verantwortung von Unternehmen, die Reputation vor, während und nach Krisenzeiten oder auch um die Bemühungen von Unternehmen, sich als attraktiven Arbeitgeber darzustellen. Die schönsten und mir wichtigsten Momente erlebte ich in den Diskussionen und Keynote-Reden, in denen zu mehr Reflexion und Besonnenheit aufgerufen und für die gute alte Tugend des Zuhörens geworben wurde.

Herrlich ehrlich zeigten sich manche Teilnehmer des Workshops „Zur erfolgreichen Führungskraft in 60 Minuten“. Hielten viele zu Beginn der Session die perfekte Führungskraft noch für ein Fabelwesen, zeigte sich letztlich doch, dass Zauber und Erfolg der Alphaposition durchaus erreichbar sind. Empfehlenswert, weil leichter falle dies in Begleitung eines Coachs, zumindest in der Anfangsphase der neuen Führungsaufgabe. Für mich eine wohltuende Aussage, da ich mich seit 2011 selbst in Veränderung befinde und mich nach 20 Jahren erfolgreicher PR-Tätigkeiten nun als Systemischer Coach für Kommunikatoren auf den Coaching-Markt wage.

In diesen Berliner Tagen ließ mich übrigens so manches „Weißt-Du-noch?“-Gespräch mit Ex-Kollegen an die Zeilen eines aktuellen Chart-Hits denken, die wir früher in den Agenturen und Unternehmen öfter mal hätten anstimmen können:

„One day baby, we’ll be old
Oh baby, we’ll be old
And think of all the stories that we could have told“

„The stories that we could have told“.
Ja – wunderbare, kreative, neuartige Geschichten wollten wir erzählen. Erdacht während unzähliger Brainstormings. Wenn Kunden oder Vorgesetzte uns gelassen hätten. Wie gerne hätten wir die Bedenkenträger eines Besseren belehrt. Sie über den nur vermeintlich hohen Suppentellerrand blicken lassen. Zu Mut aufgerufen – ja, ihn eingefordert. Gut, manchmal ist es auch gelungen und es gingen Wunderbarprojekte in die Realisation wie der „Katzenklo-Designwettbewerb“ oder „Weck den Heinz in Dir“, letztlich Vorläufer der ubiquitären Castingshows. Und doch näherten wir uns viel zu häufig dem hysterisch stimmüberschlagenden Gekreische des Sängers, wenn wieder einmal eine wirklich zündende B2B- oder B2C-Kommunkationsraketenstufe verglühen musste.

Kreativität. Das war das Motto des Kongresses in diesem Jahr.
Ja – lasst uns bitte wieder kreativer werden. Selbstverständlich gerne unter Beibehalten allen handwerklichen Könnens.
Wertgeschätzte Kommunikatoren: hört bitte auf, so beständig Eure Hintern zusammen zu kneifen und weiterhin die schicksten Grautöne aller gängigen Plattitüden zu produzieren. Was in aller Welt hindert Euch daran, Euch abzuheben aus dem Allerlei der braven und doch biederen PR-Eintopf-Gerichte? Habt mehr Mut! Wählt gut gereifte, ehrliche Zutaten, würzt sie kreativ und liebevoll und zeigt den Gästen an Euren Tafeln so Eure Wertschätzung für ihr Interesse und die Zeit, die sie Euch und Euren Themen widmen. Traut Euch, in die Tiefe zu gehen und verharrt nicht in der x-ten Darbietung alberner Worthülsen. Die kann und will nämlich kaum noch jemand hören.
Werdet wieder wahrhaftig – denn dann schenkt man Euch nicht nur Gehör, sondern vielleicht sogar auch wieder Vertrauen.

Und: Werdet einzigartig! Do it your way. Mit der Kraft der stimmgewaltigen Speakersnight-Künstlerin Jocelyn B. Smith. Sie zeigt hier, wie leicht es sich modulieren lässt zwischen den leisen und zarten Tönen und energiegeladenen und unüberhörbar kräftigen Statements.

We’re not old.
And we all still have stories to tell.
Und wenn diese Geschichten gut und richtig erzählt werden, dann werden sie auch Gehör finden.

Ich freue mich also auf gute und gut erzählte Unternehmensinformationen auf dem Kommunikationskongress 2013.
In Berlin. Im September.

 

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